Irgendjemand fing vor ein paar Tagen damit an, dann machten gefühlte 90% der Facebook-User mit – und auf einmal war man nicht mehr mit Menschen befreundet, sondern mit Kindheitserinnerungen wie Herrn Rossi, Captain Future, Wickie, He-Man, Pumuckl und Calimero, hinzu kamen dann noch Snoopy, Droopey und diverse Superhelden. “Ziel des Spiels: Keine ‘Menschenbilder’ mehr auf Facebook zu sehen, dafür eine richtige Flut an Kindheitserinnerungen!”, die Aktion wurde bis Montag verlängert, und so können noch alle mitmachen. Was bringt das uns? Eine neue Diskussion ums Urheberrecht und tatsächlich ein paar schöne Kindheitserinnerungen. Wir mischen mit.

facebook

Inzwischen hat sogar die Bild-Zeitung darüber inhaltsleer berichtet – gehaltvoller wird das ganze z.B. bei der österreichischen Tageszeitung Standard behandelt. Dort findet es der Autor erst infantil, macht dann aber doch mit und entscheidet sich für Herrn Rossi als Profilbild – auch wenn er zugibt, dass Nils Holgersson “die ultimative Abenteuer-Geschichte ist” – weil Herr Rossi ja ständig das Glück sucht und damit auch nach seiner Identität, was dann der Link zur Identitätsmaschine Facebook ist.

Facebook-Bilder: Die Sache mit dem Urheberrecht

Ein weiterer Standard-Artikel problematisiert die Sache mit dem Urheberrecht: Da es ja kein Zitier-Recht bei Bildern gebe, verstoßen gerade offenbar Hunderttausende Facebook-Nutzer gegen geltendes Gesetz – weil sie die Cartoonbilder eigentlich nicht unerlaubt verwenden dürfen. Das bestätigt auch Futurezone, das die Comic-Aktion reißerisch mit dem realen Fall eines Mordaufrufs auf Facebook, für den jemand verurteilt wurde. Anway: Facebook ist öffentlicher Raum, daran ändern auch die mehrfach anklickbaren Privacy-Optionen und die Tatsache nichts, dass man sich für die Nutzung des Netzwerks anmelden muss. Es ist öffentlich. Auch wenn es sich anders anfühlt.

Und das ist es, was der Blogger und jetzt.de-Chef Dirk von Gehlen den “neuen digitalen Graben” nennt. Er leitet aus all den Peanuts, Lucky Lukes und Biene Majas die Notwendigkeit einer Reform des Urheberrechts ab, wie er sie schon länger fordert: “Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass wir eine Reform des Urheberrechts brauchen: diese Flut an Kindheitserinnerung liefert sie.” Es gebe ganz eindeutig eine Lücke zwischen dem, was die Menschen tun und der rechtlichen Regelung davon.

Diese offensichtliche Lücke an dieser Stelle ist zwar bereits in wenigen Tagen wieder vorbei – Freitag und Montag werden als Enddaten der Aktion genannt, und sowieso möchten wohl die meisten nicht mit auf Dauer mit Droopey, Jim Knopf oder dem kleinen Maulwurf identifiziert werden, dafür ist Facebook-Selbstdarstellung dann doch zu wichtig. Aber es gibt genug andere Beispiele im Netz, die diesen “digitalen Graben” aufzeigt – Youtube zum Beispiel. Dort gibt es viele Kindheits-Zeichentrick-Helden als Videoclip: Herr Rossi, der kleine Maulwurf, Captain Future, Snoopy, Nils Holgersson, sogar das Dschungelbuch in 156 Teilfolgen. Bei anderen wird es dann schon eng. Von der Biene Maja gibt nur eine einzige Folge, die erste, und die nur in einer sehr verwackelten Version. Von den He-Man-Teilfolgen fehlt ausgerechnet die erste. Youtube löscht offenbar pflichtschuldig – geklickt und hochgeladen wird trotzdem massenhaft.