Der Ölpreis hat zum ersten Mal seit 28 Monaten die psychologisch wichtige Marke von 100 Dollar pro Barrel überschritten. Grund dafür sind die Unruhen in Ägypten.

Aus Angst vor Versorgungsengpässen stieg der Ölpreis heute kräftig an. Der Preis für ein Fass der Marke Brent stieg somit auf 100,25 Dollar. Auch das Barrel der texanischen Marke WTI verteuerte sich gestern um sechs Cent auf 92,25 Dollar.

Angst vor Versorgungsengpässen

Wie das Handelsblatt heute berichtete, sorgt der jüngste Preisanstieg für Besorgnis bei der Organisation Erdöl exportierender Staaten (OPEC). So wurde für den Fall eines Lieferengpasses eine kurzfristig erhöhte Produktion zugesagt. “Falls wir einen echten Engpass bekommen sollten, so müssen wir reagieren”, wie Abdalla el- Badri, Generalsekretär der OPEC, am Montag in London erklärte. Die Organisation produziert knapp 40 Prozent des weltweit nachgefragten Rohöls.

Derzeit ist es äußert schwer die Folgen der Unruhen abzuschätzen. Diese Ungewissheit schürt die Angst unter den Investoren, dass die globale Erdölversorgung in Straucheln geraten könnte. “Die Gefahr, dass der Ölnachschub gestört werden könnte, treibt den Ölpreis”, so Ben Westmore, Rohstoffexperte der National Australia Bank, gegenüber des Handelsblatts.

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Geographisch wichtige Position

Ägypten fördert selbst zwar nur geringe Mengen an Rohöl, jedoch spielt das Land für den Transport eine große Rolle. Ägypten ist praktisch das Verbindungsglied zwischen dem Indischen Ozean und dem Atlantik – entweder über eine Pipeline oder mittels kleinerer Tanker durch den Suezkanal. Die wichtige geographische Position spiegelt sich in den Zahlen wieder: knapp fünf Prozent der weltweiten Erdölfördermenge werden täglich durch das Land geleitet.

El-Badri zeigt sich derweil optimistisch: “Ich denke nicht, dass die Situation außer Kontrolle gerät”, so der OPEC-Generalsekretär. Jedoch, gesteht er ein, könne eine Schließung der Sumed-Ölpipeline am Rande des Suezkanals durchaus eine Verknappung am Markt auslösen. Derzeit sei dieser aber aufgrund der hohen Lagerbestände bestens versorgt.

Die Gefahr des überspringenden Funkens

Die westlichen Staaten zeigen sich indes besorgt über die Entwicklungen. Jede Störung des Nachschubs aus dem Nahen Osten könne “großen Schaden” anrichten, wie der US-Energieminister Steven Chu erklärte. Der EU-Energiekommissar Günther Oettinger sieht die europäische Ölzufuhr derzeit nicht in Gefahr. Jedoch räumte er ein, dass sich die Lage ändern könne, sollten die Unruhen auf weitere ölproduzierende Länder übergreifen.

Auch Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), warnte diesbezüglich vor negativen Folgen für die Wirtschaft. “Ein länger andauernder Zustand der Anarchie in Ägypten würde unkalkulierbare Risiken mit sich bringen, nicht nur was die Energieversorgung Europas, sondern auch die regionale Stabilität beträfe. Noch sehen wir diese Situation aber nicht”, wie Börner gegenüber dem Handelsblatt erklärte. Es sei darum wichtig, dass sich der Wandel auf friedlichem und demokratischen Wege vollziehe.

Angst vor saudi-arabischen Unruhen

So besteht die eigentlich Angst darin, dass der Funke auf andere Länder überschlagen könnte. Konkret ist damit Saudi-Arabien gemeint, der einer der größten Erdölförderer der Welt und wichtigster Partner der USA in der Region ist. Unruhen im Stil von Tunesien und Ägypten hätten fatale Auswirkungen auf die Ölversorgung.

Über die Möglichkeit eines solchen Szenarios sind sich die Experten uneins. “Jeder geht davon aus, dass die Saudis früher oder später vor einer Krise stehen”, wie John Drake vom Beratungsunternehmen AKE gegenüber dem Handelsblatt angab. Anderer Meinung ist da Jeffrey Currie von der Investmentbank Goldman Sachs. Er schreibt in einem Kommentar, dass die Staaten in der Golfregion “relativ stabile und populäre Regierungen” hätten und weniger anfällig als die nordafrikanischen Staaten seien.

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